Aktuell
Einsam in der Großstadt - ein Problem von Jung und Alt
Einsamkeit ist ein großes und wichtiges Thema unserer Zeit, und es ist ein Problem, das immer mehr an Brisanz gewinnt. So liegt der Anteil der Einsamen in unserer Gesellschaft laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2021 bei 47 Prozent, und das nicht nur bei den älteren Menschen.
Und Einsamkeit macht krank - Schlaganfall, Herzinfarkt und Demenz zeugen vom Leiden einsamer Menschen.
Längst hat sich aus diesem Grunde auch die Politik dieses Themas angenommen, und man versucht in vieler Hinsicht, das Problem zu erfassen und gegenzusteuern.
In seinem einführenden Vortrag stellte Martin Gibson-Kunze, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Co-Autor des Einsamkeitsbarometers 2024 entsprechende Studienergebnisse vor.
Fazit: Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich einsam. Während der Pandemie hat dieses Gefühl stark zugenommen. Ältere und jüngere Menschen sind am häufigsten betroffen, außerdem Menschen, die intensive Care-Arbeit leisten. Einsame Menschen nehmen seltener an Wahlen teil und engagieren sich weniger. So bleibt Einsamkeit ein drängendes Problem und schadet der Gesellschaft. Das Thema soll daher aus der Tabu-Ecke herausgeholt werden und wird von der Bundesregierung mit der Strategie gegen Einsamkeit angegangen.
Doch die ganz lebenspraktischen Fragen bleiben: Woran liegt diese große reelle und gefühlte Einsamkeit? Fehlen Orte, an denen man sich trifft? Gibt es keinen intergenerativen Austausch mehr? Vergrößern Assistenzsysteme in der Pflege die Lücke? Wie haben sich die Strukturen unserer Gesellschaft verändert und was können wir gegen Einsamkeit tun?
In einer von Dirk Müller, Dirk Müller, Bereichsleiter Palliative Geriatrie Unionhilfswerk, geleiteten Podiumsdiskussion versuchten Mario Czaja, MdB, Präsident des DRK-Landesverbandes Berlin und ehemaliger Senator für Gesundheit und Soziales, Eckehard Laßmann, Vorsitzender des Unionhilfswerk Bezirksverbandes Marzahn-Hellersdorf, sowie Philipp Wittzmann, Geschäftsführer von nebenan.de diese und weitere Fragen zu beantworten und mit dem Publikum ins Gespräch zu kommen.
Ein großes Problem in Hinblick auf Einsamkeit in den Kiezen sei es dabei besonders, dass viele Menschen sehr zurückgezogen lebten, man sie kaum erreichen könne und das Thema insgesamt sehr schambesetzt sei.
"Zugänge müssen hier über das Lösen von kleinen Alltagsproblemen erfolgen und direkt in den Wohnquartieren ansetzen", so Czaja, der in der Coronazeit mit seinem "Balkonquatsch" ein vernetzendes Format in Marzahn-Hellersdorf etabliert hat. Auch seien Hausmeister als "Einsamkeitsbeauftragte" nicht zu unterschätzen, die oft einen guten Zugang zu den Mietern hätten und auch von Alleinlebenden gern vertrauensvoll kontaktiert würden. Und gefragt nach der Bedeutung staatlich gesteuerter Initiativen und Projekte ist der Bundestagsabgeordnete überzeugt: "Eine organisierte Nachbarschaft kann der Staat nicht ersetzen. Es muss darum gehen, wie man das organisiert, um Jung und Alt passgenau zusammenzubringen."
Das ist auch die Erfahrung von Eckehard Laßmann, der im Mahlsdorfer Kieztreff "Kieckemal" einen Singekreis, Handarbeitszirkel oder Skatabende organisiert. "Einsamkeit lässt sich am besten reduzieren, wenn man das Problem im Kleinen angeht, die Menschen direkt anspricht. Viele kommen nicht aus ihrem Schneckenhaus heraus, da muss man auch mal an der Wohnungstür klingeln", so seine Erfahrungen mit den Besuchern vom "Kieckemal".
Eine ideale Vernetzungsmöglichkeit - allerdings auf virtuellem Wege - bietet auch das Portal nebenan.de. Prinzip ist, Dienstleistungen zu Aufbau und Förderung von sogenannten Nachbarschaften anzubieten. Hier können sich Nachbarn finden, gegenseitig zu Veranstaltungen einladen, auf Termine oder Dienstleistungen aufmerksam machen oder Interessengruppen gründen. "Das System ist gut, wir bieten die Struktur zum Vernetzen. Im Kampf gegen die Einsamkeit müssen wir aber den konkreten Bedarf von Menschen erfassen und bündeln - wir sehen ja, wie schnell sich Menschen via nebenan.de im echten Leben vernetzen", weiß Witzmann.
Weitere Nachrichten
Am Dienstag, 3. September, 17.30-18.30 Uhr, lädt der Hospizdienst Nord in Tegel zu einem Infoabend zur ehrenamtlichen Lebens- und Sterbebegleitung - der nächste Vorbereitungskurs beginnt dann am 16. September 2024.
In zwei Monaten ist es soweit: Die 19. Fachtagung Palliative Geriatrie Berlin lädt am 11. Oktober zur Teilnahme ein! Wer sich noch nicht angemeldet hat, sollte das schnellstens tun, denn das Thema "Aktiv gegen Einsamkeit im Alter und im Sterben" geht uns alle an.
9-17:15 Uhr im Politischen Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. mit anschließendem Come Together anlässlich "20 Jahre KPG".
Für das Sekretariat der Fachgesellschaft Palliative Geriatrie e. V. (FGPG) suchen wir im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Mitarbieter:in. Die Arbeitszeit beträgt 9,5 h/Woche und ist frei einteilbar.
Am 6. Juli 2024 fand in Fulda der "Hessische Fachtag Palliative Geriatrie" in Kooperation der Fachgesellschaft für Palliative Geriatrie (FGPG) mit dem Zentrum für Palliativmedizin des Klinikums Fulda statt und war den "Osthessen News" einen Artikel wert.
Unter dem Motto „Aktiv gegen Einsamkeit im Alter & im Sterben“ ging es auf der KPG-Tour de Palliative am Freitag, 28. Juni, diesmal zu Einrichtungen im Norden der Stadt. Dort sollte gezeigt werden, wie sich die Idee von der „AltersHospizarbeit“ in der Praxis umsetzen lässt.